Abschnitt 1: Psychologie der Webnutzung

Abschnitt 2: Organisation der Information

Abschnitt 3: Organisation der Seitenstruktur

Abschnitt 4: Seitentypen und Benutzerverhalten

Abschnitt 5: Navigationselemente und Konsistenz

Webdesign im Großen

Informationsarchitektur und kognitive Prinzipien des Seitenaufbaus

 

Abschnitt 1: Psychologie der Webnutzung

Abschnitt 2: Organisation der Information

Abschnitt 3: Organisation der Seitenstruktur

Abschnitt 4: Seitentypen und Benutzerverhalten

Abschnitt 5: Navigationselemente und Konsistenz

 

 

Psychologie der Webnutzung

Warum Psychologie?

Heutzutage basiert die Mediengestaltung für das Internet eher auf sich in der Praxis bewehrten Pseudo-Standards als auf Erkenntnissen der Wahrnehmungspsychologie. Entwurf einer Webseite sollte sich nicht nur auf subjektives ästhetisches Empfinden stützen, denn Attraktivität einer Seite ist längst nicht alles. Gute Bedienbarkeit und Erwartungskonformität zeichnen eine gute Seite aus.

Beim Entwurf einer Seite sollten kognitive Prozesse des Benutzers während des Navigierens auf der Seite im Mittelpunkt stehen. Eine Webseite kann somit als Schnittstelle Mensch-Maschiene betrachtet werden.

 

Wie kann Psychologie helfen?

Bei Organisation der Inhalte:

Für Web ist eine selektive Informationsaufnahme typisch. Im Gegensatz zum bspw. Fernsehen gibt sie dem Nutzer die Möglichkeit selbst über die einfließenden Inhalte zu bestimmen und die Informationen nicht-linear zu betrachten. Dazu sollten dem Nutzer erst die Entscheidungsmöglichkeiten klar werden. Dies ist die Aufgabe des Designers, der die Struktur der Seite überlegen und präsentieren soll.

Bei der Zielsetzung und Motivation:

In der Medienpsychologie werden Internetnutzer in 2 Kategorien eingeteilt: Suchende(zielgerechte) Nutzer und explorierende (zweckfreie) Nutzer. Daher ist das Ziel des Webdesigners die Seite so zu gestalten, dass dem suchenden Nutzer eine effektive Erreichbarkeit der Informationen ermöglichen wird und der explorierende Nutzer motiviert wird, sich mit den Seiteninhalten auseinander zu setzen.

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Organisation der Information

In diesem Kapitel geht es um Organisation der Quellinformationen für das Web.

 

Psychologische Erkentnisse

Kognitive Bilder: Benutzer bauen beim Benutzen komplexerer Systeme mentale Modelle auf

  • Habitualisierung: Sie sind aufgrund ihrer Erfahrungen in der Lage Beziehungen zwischen den Struktureinheiten vorherzusagen bzw. erwarten bestimmte Reaktionen
  • Begrenzte Verarbeitungskapazität des Menschen: Arbeitsgedächtnis behält nur ein Bruchteil der Informationen des Ultrakurzspeichers

 

Was ist besonderes an Informationsstrukturen im Web?

Das Web stellt besondere Anforderungen an Strukturierung der Inhalte. Das Prinzip des Hypertexts, das dem Web zur Grunde liegt, sowie der nicht-sequentielle Aufbau des Webs erfordern erst eine Gliederung des Inhalts und die durchdachte Strukturierung der Beziehungen zwischen einzelnen Inhalten. Denn lange Bildschirmtexte sind schwer lesbar und Nutzer neigen dazu diese zu speichern oder auszudrucken. Außerdem führt das Scrollen zur Desorientierung und Inhalte außerhalb des Bildschirms sind somit schnell vergessen.

 

Was tun?

Eine philosophische Fragestellung mit konkreten Antworten:

  1. Unterteilen des Inhalts in logische Einheiten (so genannte "Chunks", max 2 Seiten lang)
  2. Aufstellen der Hierarchie der Wichtigkeit einzelner Chunks
  3. Hierarchie nutzen, um Beziehungen zwischen den Einheiten herzustellen
  4. Seite aufbauen, die der Informationsstruktur folgt
  5. Analyse der funktionellen und ästhetischen Erfolge des Aufbaus

 

Fazit

Lesen, Vergleichen, Gewichten, Ausschließen und Auswählen gehören zur Selektiven Informationsaufnahme und sind Freiheiten, die einem Nutzer nur im Web geboten werden. Dies befreit jedoch den Designer nicht davon, eigenes Denken zu organisieren und in eine für den Benutzer klaren Form und Struktur zu präsentieren.

Dies Motiviert die Besucher zum Bleiben auf der Seite und befreit sie vor Verständnis- und Navigationsschwierigkeiten.

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Organisation der Seitenstruktur

Es gibt viele Möglichkeiten eine Webpräsenz zu strukturieren. Diese sollten jedoch nicht willkürlich genutzt werden, denn für jeden Seitentyp sollte zu ihm passende Struktur gewählt werden. Doch was zeichnet eine gute Seitenstruktur aus und wie beurteilt man die Strukturen überhaupt? Wesentliche Anforderungen die von einer gut durchdachten Seitenstruktur erfüllt werden müssen sind:

 

  • Transparenz
    Die Struktur der Seite soll transparent und verständlich für den Benutzer sein. Dazu leisten Orientierungs- und Strukturierungshilfen wie Inhaltsverzeichnisse, Sitemaps, sowie eindeutig durch ihr Ziel, sowie Aussehen(unterstreichen, Farbkennzeichnung) gekennzeichnete Links abhilfe.

  • Reversibilität
    Für den Nutzer muss immer eine Möglichkeit geboten werden zur vorherigen Seite bzw. der Übersicht zurück zu kehren. Dies Gewinnt besonders bei Flashseiten, Java Applikationen und ähnlichen dynamischen Elementen an Gewichtung, da das Zurück gehen mit Hilfe des Zurückbuttons des Browsers in diesen Fällen nicht immer möglich ist.

 

Gebräuchliche Informationsstrukturen

Sequenz/Lineare Struktur

 

 

meist chronologisch oder alphabetisch aufgebaut und findet in aufgabenbezogenen E-Learning Seiten, sowie bei Prozessdarstellungen(Zur-Kasse-Gehen im Online-Shopt) ohne Ausweichmöglichkeiten und zeitabhängigen Darstellungen verwendung.

 

Hierarchische Struktur

 

 

um die Hauptseite aufgebaut, zwischen einzelnen Unterseiten besteht keine Verbindung außer durch Hauptseiten der einzelnen Kategorien. Erfordert gute Strukturierung des Inhalts. Wir bei den meisten Seiten unterschiedlichen Profils verwendet.

 

Web/Netzsstruktur

 

 

Bei dieser Struktur ist jede Seite mit einer anderen verlinkt. Dies fördert zwar Individualität bei den Benutzerentscheidungen, jedoch ist eine solche Struktur recht komplex und nicht einfach zu überblicken. Dies ist auch der Grund, warum sie höchstens bei kleinen Seiten z.B. Präsentationsseiten Anwendung findet.

 

Grid/Tabellenstruktur

 

 

Hier wird im Gegensatz zum Web nicht jede Seite unmittelbar mit jeder anderen verlinkt, sondern nur Seiten, die verwandt sind. Es gibt keine Kategorienbildung, alle Seiten sind gleichwertig. Findet meist in Online-Enzyklopädien verwendung. Sowie in Kombination mit hierarchischer Struktur auch in Online-Shops(z.B. „Nutzer die diese Waren gekauft haben, haben auch das gekauft“ – verlinkt andere Waren direkt, ohne in die Warenübersicht einer Kategorie zu gelangen).

 

Falsche Strukturen

Keine Struktur

 

 

Benutzer sind verwirrt, können die Reaktionen der Seite nicht vorhersagen. Ihre Erwartungen werden nicht erfüllt, sie verlassen schnell die Seite, da sie ihre Position nicht zuordnen können und nicht zu gesuchten Informationen gelangen.

 

Keine ausbalancierte Struktur

 

 

Ist unübersichtlich und Beziehungen zwischen einzelnen Seiten sind nicht ersichtlich. Es sind zu viele Seiten und diese sind in keine Kategorien unterteilt. Die Hauptseite ist völlig überladen

 

Überladene Struktur

 

Die Hierarchie ist zu überladen. Benutzer verwirren sich und finden keinen Weg zurück. Positionsbestimmung wird einem schwer gemacht. Insgesamt ist ein zu großer Aufwand nötig um zu gesuchten Informationen zu gelangen.

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Seitentypen und Benutzerverhalten

 

Besonders wichtig ist es beim Design einer Seite sich über die Ziele sowie seine Zielgruppe im klaren zu werden. Bei diesen Sachen sollte immer die externe Konsistenz im Auge behalten werden. Das heißt, eine Webseite kann nur dann Erwartungskonform(Erwartungskonformität ist eine der wesentlichen Eigenschaften des DIN Standards zur Softwareergonomie) sein, wenn sie Konsistent zu anderen Seiten dieses Typs ist und sich genauso verhält.

 

Der adaptive Nutzer - Wirth und Schweiger

Wenn wir uns bei Zielen unserer Webpräsenz meist im klaren sind, und diese weiter unten noch mal zu jedem Seitentyp erläutert werden, möchte ich hier ein Vorwort zu den Zielgruppen halten. Wirth und Schweiger unterscheiden in ihrer Theorie "Der adaptive Nutzer" zwischen dem suchenden und dem surfenden Nutzer. Besonders konzentrieren sie sich auf den explorierenden Nutzer, der sich nicht bewusst ist nach welchen Informationen er sucht und deshalb Entscheidungen zu treffen hat.

Sie unterscheiden dabei zwischen:

  • Routinierten Entscheidungen
    Die Zahl und Art der Wahloptionen ist in immer wiederkehrenden Situationen stets gleich.
  • Stereotypen Entscheidungen
    konkrete Situationen und Umstände sind unterschiedlich, Optionen wiederholen sich und sind dem nutzer strukturell vertraut
  • Reflektierten Entscheidungen
    keine Stereotyp Präferenzen vorhanden, er muss bewusst über Entscheidungen nachdenken.
  • Konstruktiven Entscheidungen
    keinerlei Optionen sind bekannt oder vorgegeben. Sie müssen erst durch intensive Suche nach Informationen geschaffen werden. Höchster kognitiver Aufwand.

 

Die ersten zwei Entscheidungstypen sind für jede Webpräsenz zu erreichen. Der letzte Typ ist absolut nicht wünschenswert und es ist manchmal nicht zu vermeiden, die Informationen so zu gestalten, dass keine reflektierten Entscheidungen getroffen werden müssen.

 

Gebräuchliche Seitentypen

E-learning

 

 

Typisches Merkmal ist erstmal eine sequentielle Struktur. Die Zielgruppe ist ein zielgerechter Nutzer, der als Lernender auftritt. Das Ziel der Seite ist schrittweise Vermittlung von Informationen. Meist von allgemeinen in Richtung spezifische.

 

Enzyklopädien

 

 

Typische Merkmale sind eine Hauptseite, eine nichtlineare Navigation, Gridstruktur und Suchfunktion als eine der wichtigsten Navigationsmittel. Die Zielgruppe ist meistens ein zielgerechter Nutzer. Und als Ziel wird das bestmögliche Navigieren und Suchen in großen Informationsdatenbanken zu ermöglichen gesetzt.

 

Entertainment

 

 

Typische Merkmale sind eine hierarchische bzw. Gridstruktur oder eine Kombination davon. Bei Entertainment Seiten werden auch gerne Symbiosen der Strukturen verwendet und viel experimentiert. Man orientiert sich an einen explorierenden Nutzer, der nach nichts bestimmtem sucht. Das Ziel ist einen solchen Benutzer zu motivieren und ihm Informationen, die in diesem Fall nicht besonders wichtig sind zu vermitteln, seine Laune zu bessern. Häufig werden solche Seiten auch zur Vermittlung von Werbung genutzt.

 

E-commerce

 

 

 

Typische Merkmale für eine E-commerce Seite sind eine hierarchische und eine sequentielle Struktur auf einmal. Für Kategorisierung der Waren wird gerne eine hierarchische Struktur verwendet, für Darstellung des Bestellungsprozesses muss der Nutzer schrittweise geleitet werden. Da kommt die sequentielle Struktur zum Einsatz.

 

Die Zielgruppe ist auch nicht einfach. Es werden nämlich sowohl explorierende als auch zielgerechte Nutzer erwartet. Somit ist das Ziel beide Nutzergruppen zum Kauf zu motivieren, der ersten darüber hinaus eine leichte Informationssuche zu ermöglichen.

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Navigationselemente und Konsistenz

 

Empirische Befunde

Um die Theorie hinter der Gestaltung einer Navigation zu überblicken wenden wir uns am besten ein paar empirischen Befunden. Die Blickverlaufsstudie von Silberer, Wilhelm & Engelhardt von 2001 kam zum Entschluss, dass Navigations- und Orientierungselemente frühzeitig und intensiv betrachtet werden. Benutzer verschaffen sich auf diese Weise einen schnellen Überblick über die Inhalte. Blicke wandern häufig von der Seitenmitte zur Navigationsleiste hin, bevor andere Bilder und Werbebanner wahrgenommen werden.

Fazit: erfahrene User haben relativ konkrete und einheitliche Vorstellungen von der Anordnung der Seitenelemente ausgebildet.

 

Konsistente Anordnung der Seitenelemente

Interne Konsistenz ist das Stichwort wenn es darum geht eine Webseite in allen ihren Bereichen einheitlich zu gestalten und den Nutzer erfolgreich darauf navigieren zu lassen.

Konkrete und erfahrungsbedingte Vorschläge zur Anordnung der Seitenelemente:

  • Navigation im Kopfbereich oder links (oder beides)
  • Breadcrumbs unter der Hauptnavigation
  • Inhalte in der Mitte der Seite
  • Zusätzliche Inhalte und Promotionen rechts
  • Suche – rechts oben

 

Einleitende Fragen, die helfen, erfolgreiche Navigation zu konstruieren:

    • Wo bin ich?
      • Aktuelle Position auf der Seite markieren
    • Wohin gehe ich nun?
      • Unterkategorien, Vertiefungen oder Sitemaps
    • Wie gelange ich dahin?
      • Intuitive Gestaltung der Navigation und Tips, alphabetische Reihenfolge erleichtert die Suche
    • Bin ich immer noch auf der selben Seite?
      • Konsistentes Look-and-Feel über unterschiedliche Seitenbereiche hinaus
    • Wie komme ich zurück?
      • Home-Link immer an erster Stelle. Site/Firmenlogo immer mit der Homeseite verlinken.

       

Gebräuchliche Navigationselemente:

Liste

 

 

  • Pros: Übersichtlich,
    günstig positionierbar
  • Contras: keine Struktur
    ersichtlich, für große
    Seiten schlecht geeignet

 

Baum/Menü

 

  • Pros: Strukturen ersichtlich, erfahrungsgemäß bedienbar
  • Contras: öfters technisch kompliziert umsetzbar, inkompatibel

 

Breadcrumb

 

 

  • Pros: Positionsangabe, Rückwärtsnavigieren
  • Contras: markiert keine Verzweigungen

 

Sitemap

  • Pros: gesamte Struktur sichtbar
  • Contras: eigene Seite notwendig

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Quellen

 

 

© 2005 Daniel Pouzemski