Geschichte des Internet

Die Geschichte des Internet begann wie viele Dinge in der Geschichte im militärischen Sektor. Es war der Sputnik-Schock 1958, welcher das Verteidigungsministerium der USA veranlasste, eine Organisation namens (D)ARPA ins Leben zu rufen. ARPA steht für (Defense) Advanced Research Projects Agency. Diese Organisation hatte die Aufgabe, "im Dienste der Landesverteidigung den technologischen Vorsprung der Vereinigten Staaten durch Förderung hierzu geeigneter Projekte zu sichern", sowie neue, innovatives Technologien zu entwickeln und dabei auch nach Visionen und verrückten Ideen Ausschau zu halten, um sie auf ihre Realisierbarkeit zu prüfen. Die ARPA unterhielt aber keine eigenen Forschungseinrichtungen, sondern kooperierte mit universitären und industriellen Vertragspartnern und koordinierte die von ihr finanzierten Projekte.

Einen weiteren entscheidenten Beitrag, vor allem hinsichtlich der Netzstruktur lieferte 1964 Paul Baran von der RAND Cooperation. Es stand nämlich nach dem Sputnik-Schock die Frage: "Wie sollten die US - Machtinhaber, - Behörden und - Militärs nach einem Nuklearkrieg untereinander die Kommunikation aufrecht erhalten?". Baran machte daraufhin, auch hauptsächlich um Gelder für die ARPA zu bekommen, den Vorschlag, ein Netzwerk aufzubauen, dass keine zentrale Steuerung und damit auch keine zentrale Autorität besaß. Das Netzwerk sollte von Beginn an so ausgebildet werden, daß schon die kleinsten Komponente komplett funktionsfähig und autark wären. Der Kern seines Vorschlags war somit ein "distributed network" (verteiltes Netzwerk). Also ein Netz, was im Gegensatz zu einem zentralgesteuerten Netz (z.Bsp. sternförmiges Netz) eine im Idealfall völlig dezentrale Struktur besaß. Wodurch beim Ausfall eines Computers nicht gleich das ganze Netz lahm gelegt würde, wie dies bei einem zentralen Netz der Fall wäre, wenn z.Bsp. der Hauptrechner ausfallen würde. Ein weiterer Punkt in den Überlegungen Barans war, die Kommunikation im Netz paketorientiert zu organisieren. Dies hatte den Vorteil im Gegensatz zur kanalvermittelten Kommunikation wie z.Bsp. beim Telefon, dass das Netz dadurch ausfallsicherer wird, die Resourcen besser aufgeteilt werden (die Leitungen besser ausgenutzt werden) und das die Daten Alternativrouten durch das Netz nehmen können, wenn einzelne Leitungen ausgefallen oder überlastet sind.

Doch dauerte es noch bis 1969 bis die erste 4 Computerzentren miteinander verbunden wurden. Der reale Hintergrund waren die vielen verschiedenen Computer und Supercomputer in den ARPA Forschungszentren, welche allen zur Verfügung stehen sollten. Also entschied man sich, ganz im Rahmen des Forschungsauftrags, das zu tun, wofür die ARPA gegründet wurde: nämlich rumexperimentieren. Man entschied sich also zwischen den Forschungszentren ein Netzwerk aufzubauen, welches gleich das Ziel hatte, vollkommen heterogene Hardwareplattformen zu integrieren. Also verband man 1969 die Universität von Kalifornien in Santa Barbara mit einer IBM 360/75, das Stanford Research Institute mit einer SDS-940, die Universität von Utah mit einer PDP-10 und die Universität von Kalifornien in Los Angeles mit einer SDS Sigma-7. Am Anfang gab es nur 2 Dienste im ARPANET: TELNET und FTP. Man konnte also nur Rechner fernsteuern und Daten kopieren. Interessant ist auch, dass man Anfangs noch glaubte, dass Email nicht besonders wichtig wäre, doch kurz nach Einführung des ersten experimentellen Mailprogramms 1971 überstieg das Datenvolumen der Email den von TELNET und FTP. Das in seinen Anfängen nicht so stark genutzte ARPANET verdankt zu einem großen Teil seinen Erfolg, neben der Öffnung für neue Nutzergruppen, hauptsächlich einer nicht für wichtig gehaltenen Funktion, nämlich Menschen miteinander in Kontakt zu bringen. 1972, als im ARPANET mittlerweile 37 Zentren miteinander verbunden waren, fand auf einer Computer-Conference eine offizielle ARPANET-Demo statt, welche reibungslos verlief. Auch wurde in diesem Jahr eine erste experimentelle Verbindung zweier verschiedener Netzwerke zu Demozwecken gewagt, indem das militärische ARPANET und das kommerzielle TYMNET miteinander verbunden wurden. All diese Ereignisse führten dazu, dass das ARPANET begann von nun an in immer größeren Schritten zu wachsen.

Ab 1973 wurden auch in Europa zunehmend Netze aufgebaut, welche aber auf dem ISO X.25 Standard basierten. X.25 hatte aber den Nachteil, dass es weniger störungsresistent war und sich eher für homogene Netze eignete, was dann dazu führte, dass es sich nie richtig durchsetzen konnte und nach und nach dem TCP/IP weichen mußte. Im Jahre 1982 wurde zum ersten Mal das von Beginn an paketorientierte ARPANET mit einem X.25 Netz verbunden. Ab diesem Zeitpunkt wurden dann immer weitere X.25 Netze in das Internet integriert. 1980 war das Jahr, in dem USENET eingerichtet wurde. Das USENET war damals ein Teil des Netzes, der vollkommen öffentlich und ohne Beschränkungen, nur mit Hilfe eines Modems und einem UNIX - Rechner zu erreichen war. Ganz im Gegensatz zum immer noch militärisch/wissenschaftlichen ARPANET. Aufgrund des Zugangs für jedermann zum USENET wurde es Anfangs auch als das Internet des armen Mannes bezeichnet, denn "normalsterbliche" hatten ja keinen Zugang zum ARPANET. Im USENET wurden 1986/87 wegen der Übersichtlichkeit die Hierarchien sci, rec, comp, soc und news eingeführt, welche alle, natürlich neben einer Vielzahl neu hinzu gekommener, heut immer noch existieren. Zu einem Streit wegen der Nichteinrichtung der Hierarchien soc.sex und soc.drugs kam es 1988 als sich der damals einflußreiche Netz-Guru Gene Spafford aus "Anstandsgründen" weigerte eben diese Hierarchien einzurichten. Aus Protest richtete Brian Reid eigenmächtig die ALT Hierarchie ein, welche bis heute kein offizieller Teil des USENET ist, aber wegen ihrer großen Bedeutung von allen Newsservern angeboten wird. Im Gegensatz zum offiziellen USENET, wo diskutiert und abgestimmt werden muss, ob eine Newsgroup oder Hierarchie eingerichtet wird oder nicht, kann jeder in der ALT-Hierarchie eine Newsgroup einrichten wie er will. Ob diese dann auch auf den wichtigen Newsservern angeboten wird steht auf einem anderen Blatt.

Die NSF (National Science Foundation) errichtete ab 1979 ein Netz (ComputerScienceNET), welches die Informatik-Fakultäten der USA verband. Um die teuren Supercomputer besser für alle Wissenschaftler nutzbar zu machen wurde 1984 von der NSF das auf TCP/IP basierende NSFNET errichtet. Es durfte die Strukturen des ARPANET mitbenutzen, wobei im Gegenzug die ARPA dadurch die Supercomputer mitnutzen durfte. Das war auch nur möglich, weil sich das ARPANET schon 1983 in das militärische MILNET und das nun zivile ARPANET aufgespaltet hatte. Bis 1988 war das NSFNET so weit gewachsen, dass es um einiges größer als das schon 20 Jahre alte ARPANET war. Somit fasste 1990 die ARPA den Beschluß das ARPANET aufzulösen. Ab diesem Zeitpunkt ging das ARPANET reibungslos in das NSFNET auf, welche die Strukturen sowieso schon gemeinsam nutzten. Das Internet heutzutage besteht aus einer Vielzahl von sogenannten Sub-Netzen, welche unterschiedlicher Art sein können. Den Verkehr zwischen des Netzen regeln/routen sog. Gateways. Früher wurde das ARPANET/NSFNET als Backbone des Internets bezeichnet, weil dort alle wichtigen Netze zusammenliefen. Dies ist heute natürlich nicht mehr der Fall. Das Internet ist weiter dezentralisiert worden und jedes Sub-Netz (z.Bsp.: Ebone [European Internet Backbone]) hat sowieso sein eigenes Rückgrad, weshalb das alte ARPANET/NSFNET heut keine zentrale Rolle im Netz mehr spielt.

 


by Stefan Worm, 07/2001
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